Diplomwahlfach: Fallstudien zum urbanen Raum - Remote Control #2: The Rules of the Game | donnerstags von 15.45- ca.17.45Uhr im HIL H-Foyer (H40.9) | 051-0667-00L
Eine Regel ist eine aus bestimmten Regelmässigkeiten abgeleitete, aus Erfahrungen und Erkenntnissen gewonnene, in Übereinkunft festgelegte, für einen bestimmten Bereich als verbindlich geltende Richtlinie. Wir kennen Regeln aus Spielen, in Form von Konventionen, als Gesetze und Normen. Im Städtebau finden wir sie explizit in Baugesetzbüchern, Satzungen und Bauvorschriften.
Ist die Stadt die Gesamtheit der Regeln, die sie beschreiben, so deckt sich der niedergeschriebene baugesetzliche Normenkatalog nur sehr begrenzt mit dem real existierenden Regelsätzen der Stadt. Diese Unterspezifikation in der Reglementierung erlaubt etwas, das als ‚individuelle Freiheit’ bezeichnet werden könnte. So könnte man zumindest meinen - würden nicht eine Unzahl von ungeschriebenen Regeln und Konventionen diesen individuellen Freiraum sofort wieder schliessen.
So sagt uns beispielsweise niemand, mit dichten Büschen und Sträuchern unseren Vorgarten zu bepflanzen - doch alle tun wir es! ... Folgen die Blumentöpfe auf den Fensterbänken etwa auch bestimmten Regeln? Besitzen wir ein seenahes Grundstück, so steht nirgendwo geschrieben, dass unser Haus zum See auszurichten sei – aber wohin schauen 100% aller Panoramafenster rund um den Zürisee? Natürlich auf gerade diesen!
Schon solch einfache Regelmuster übertreffen bei weitem die stumpfe, negative Konnotation der Regel als blosse Vorschrift und Restriktion. Im Gegenteil: Regeln beschreiben Prozesse. Begreifen wir die zeitgenössische Stadt als den momentanen Stand eines stetigen Transformations- und Entwicklungsprozess, so lassen sich die verantwortlichen Prozesse anhand von Regelsätzen abstrakt beschreiben. Diese Prozesse besitzen eine gewisse Kontinuität und Trägheit in Wirkung und Laufbahn; somit sind deren Regeln nicht nur passive Beschreibungsformen, sondern gleichzeitig aktive Steuerungen zukünftiger Entwicklungen. Sie definieren den Spielraum und die Wahrscheinlichkeit kommender Veränderung. Regeln werden das verbindende Medium zwischen der Analyse einer bestehenden Situation und deren Projektion in die Zukunft.
Wir suchen in der Stadt Zürich nach ihren ungeschriebenen Verhaltensnormen, Algorithmen, Konventionen und Maximen; beobachten deren Interaktion und beschreiben diese in Regelsätzen - quasi als Diagramme mit Kochrezept-Charakter.
Dozent: Alexander Lehnerer
Einführungsveranstaltung am Donnerstag, den 26.10.06 um 15.45 im HIL H Foyer 40.9