gastdozentur florian riegler |
SUPERstadtUMBAU!?
stadtentwicklungs-projekte in zürich
ab 23.4.2003: NEU: Ergänzende
Materialien >>>
als Ergänzung
zu den Materialien vom 31.3.2003
31.3.2003: NEU: Materialien zum Download >>>
programm
sommersemester 2003, das programms als pdf-file (733 kb)
das Semesterprogramm beschäftigt
sich mit aktuellen Spielarten des unternehmerischen Stadtumbaus und entsprechender
Segregationsmechanismen...durchgespielt werden soll es an einigen Standorten
in Zürich, wo die stadtplanenden Kräfte gewisse „Umwertungen“
in Wettbewerbsverfahren festgelegt haben, die wir nun kritisch mit Projektarbeit
hinterfragen wollen bzw. Alternativen ausarbeiten wollen..... Stichworte: zu Beginn des Semesters werden nach einem Input in Kritischem Urbanismus und Stadtentwicklung, sowie methodischer Vorschläge, Grundlagen-Recherchearbeiten durch die StudentInnen durchgeführt, die in eine Projektarbeit münden...vorgeschlagen werden: |
quelle: SUPERteleILLU! 02/03 - das magazin für den avancierten medien-user |
1
...imaginieren Sie ZüRICH-WEST.........denken Sie an mögliche...QuartiersENTwertung?!:
hoppla, werden Sie denken: normalerweise werden Regionen, Städte und Quartiere
doch durch investorengerechte Stadtentwicklungsplanungen und „size does
matter“-Architektur-Projekten UMgewertet, allgemeinhin AUFgewertet, jedoch
nicht ENTwertet.....was ist hier los?:
wir drehen den Spiess um:
der allgemeine investorische lifestylige FLOW in boom-towns bzw. boomenden Quartieren,
die einer allgemeinen „AufWERTung“ unterliegen - incl. dazugehöriger
Segregeations-Mechanismen - wird genutzt, um Nutzungen/Funktionen zu integrieren,
die dem dort vorhandenen „allgeMEINen“ Konsens - anscheinend oder
tatsächlich - zuwider laufen, weil sie als WERTLOS, störend, unpassend,
KONFLIKTträchtig, PROBLEMatisch etc. „erscheinen“....
..EtappenZIEL auf diesem Wege wäre die Herstellung bzw. Imaginierung (Traumtänzerei,
Vision, Utopie, Persiflage) einer „echten Heterogenität“, von
der vor allem die zu integrierenden entwerteten ...äh..entwertenden Funktionen
PROFILieren ...äh...PROFITieren könnten......
eine Strategie könnte
sein: IMAGEumwertung dieser Entwertungs-Objekte zur VerMARKTung derselben (Instrumentalisierung
des HIPNESSfaktors)....
...BeiSPIELE für umzuwertende Entwertungs-Objekte:
Flüchtlingsheim / Gefängnis / Sexuelles Gewerbe / Sozial - Minimal
- Wohnen / Existenzhotel / Discount - Gewerbe / Krematorium / Schlachthof /
Massentierhaltung / Friedhof / Arbeitsamt („Job-Center“) / Sozialamt(„Ich-AG-Pool“)
/ Sozialstation / Drogenstation / Flohmarkt / Autowaschanlage / Verwaltungssitz
eines Rüstungskonzern...etc
zu bearbeitendes Areal:
zb. VBZ-Remise am Escher-Wyss-Platz/ Zürich-Industriequartier
hochattraktives, hektar-grosses Grundstück zwischen Hauptverkehrsachse
Hardturmstrasse und Limmat, direkt am Fluss, super Verkehrsanbindung, inmitten
eines modernen Dienstleistungs-, Kultur- und Wohnareal....
oder Areal nach Wahl....
2
....QuartiersAUFwertung durch schönes und teures Wohnen?!
„GENTRIFICATION heisst unter anderem Modernisierung und Wohnumfeldverbesserung.
Diese sind Bezeichnungen für Masznahmen der seit den 70er Jahren durch
wachsende Privatisierung gekennzeichneten Stadtentwicklungspolitik.
- gentrify: restore and smarten (a house, an area, etc.) to make it suitable
for middle-class residents -
gentrification beschreibt nach dieser Definition die Sanierung eines Haus oder
Gebietes: >to restore< (=restaurieren) and >smarten< (die Erscheinung
verbessern, „stylen“), die sich an eine bestimmte Bevölkerungsschicht
richtet >for middle-class residents<. >to make it suitable< deutet
allerdings darauf hin, dass diese Bevölkerungsschicht vorher nicht dort
ansässig war. gentrification erzählt von der Aufwertung und Verbesserung;
gleichzeitig beinhaltet der Begriff einen „blinden Fleck“ oder eine
anwesende Abwesenheit: vielleicht war schon vorher jemand dort?
......gentrification ist teil eines politischen Prozesses, als „verschwindender
Vermittler“ von einem gesellschaftlichen Normalzustand in den nächsten:
ein bestehendes Sozialgefüge wird saniert bzw. gentrifiziert, um einen
anderen gesellschaftlichen Normalzustand, ein anderes Sozialgefüge zu etablieren.
Soziale Antagonismen - Auseinandersetzungen und Widersprüche - verschwinden
in dieser Darstellung. Der „blinde Fleck“, der durch Sanierung hergestellt
wird, weist auf eine allgemeine Entwicklung hin: Ausschluss von Personen als
Effekt von restaurativer Politik und Neoliberalismus; Abwertung als „anwesendes
Abwesendes“ von Aufwertung.“ (1)
die Stadt Zürich hat einige „schlechte“ Wohnbauten in sogenannt „problematischen“ Bezirken zum Abriss freigegeben, um sie durch „qualitätvolles Wohnen“ zu ersetzen, die eine Impulswirkung auf das ganze Quartier haben sollen. (zb. Wettbewerb Wohnüberbauung Bernerstrasse/ Grünau, Zürich-Altstetten)...wir wollen dieses Vorgehen „problematisieren“ und die Frage in den Raum stellen: statt die ansässigen Bewohner direkt (durch den Abriss) bzw. indirekt (durch die Quartiers-aufwertung=Verteuerung) zu vertreiben bzw. zu marginalisieren, müsste die Strategie heissen: für die Bewohner Masznahmen setzen statt gegen sie......was könnten das für Masznahmen sein?....kann man ein „schlechtes“ Wohnumfeld durch „gutes Wohnen“ verbessern?....ist hier nicht jede ANDERE Nutzungs-Erweiterung als Wohnnutzung geeigneter, UMwertungen zu erzeugen, die nicht AUFwerten und somit Andere(s) ABwertet?......zb.: wohnverwandte Nutzungen: dezentrale Gesundheitsversorgung/ Altenbetreuung....emissionsschwaches Gewerbe/Dienstleistung......soziokulturelle Einrichtungen.....Freizeit&Sport-Einrichtungen..etc.
zu bearbeitendes Areal:
zb. Bernerstrasse/Grünau, Zürich-Altstetten..oder
Areal nach Wahl....:
der laut Willen der Züricher Stadtplanung abzureissende Wohnblock Bernerstrass/
Grünau mit seiner Hofrandbebauung von 1959 mit kleinen Wohnungen bildet
- mit anderen Wohnensembles - eine Art innere Peripherie inmitten eines Autobahnzubringers,
städtischer Ver-&Entsorgungs-Infrastruktur und dem Erholungsgebiet
„Werdinsel“ an der Limmat.....hier sollen 700 Menschen umgesiedelt
werden...
(1) - autorenkollektiv „AG Baustop.randstadt“, hrsg. neue gesellschaft für bildende kunst, b_books berlin 1999
nachsatz:
wenn der esprit einer wachsenden
metropole Sie beflügelt,
werden Sie sofort zum telefon greifen und mit uns sprechen....
der investor fragt:
ich suche für unseren internationalen konzern einen attraktiven standort
für das front office und seine mitarbeiter
der politiker antwortet:
Sie werden erfreut sein, wer jetzt schon alles zu Ihren nachbarn gehört.
das ZDF, die staatsoper, die bedeutensten internationalen hotels, die deutsche
bank und demnächst auch der kanzler. hier entwickelt sich konzentriert
ein enormes wirtschaftliches und politisches potential, von dessen sogwirkung
Ihr unternehmen profitiert. restaurants, cafes, modehäuser und die kulturelle
szene machen die stadt tag für tag attraktiver
der investor fragt:
wie sieht es aber mit der frage der sicherheit aus?
die polizei antwortet:
wir haben bereits entsprechende masznahmen eingeleitet. eine stärkere präsens
und „härteres durchgreifen“ unsererseits auf den strassen haben
deutliche effekte gezeigt. wir werden auch in zukunft in diesen fragen für
Sie ein guter partner sein. wir raten dennoch zum schutz Ihres gebäudes
die dienste privater sicherheitsunternehmen in anspruch zu nehmen
der investor fragt:
für unsrere neue front office brauchen wir einen neuen gebäudetypus,
der von sich reden macht und repräsentativ ist
der architekt antwortet:
ich habe bereits meine entwürfe in galerieen ausgestellt und auf internationalen
kunstmessen verkauft. meine gebäude bleiben dabei im besten sinne konventionell
und exclusiv. sie tragen meine signatur als baukünstler und sind also repräsentativ
im doppelten sinne. das zahlt sich für Sie genau so aus, wie für mich
der politiker fragt:
„offenheit für investoren“ heisst heute: wir brauchen nicht
nur gehobene konsumzonen im stadtzentrum, sondern auch integrative modelle für
die angrenzenden quartiere, um attraktivität und sicherheit auf dauer garantieren
zu können.
der stadtplaner antwortet:
durch das zusammenspiel von kultur- und wirtschaftsinteressen sind an dieser
stelle bekannte modelle auf dieses viertel anwendbar. museumsmeilen, galerienviertel,
schicke restaurants und bars, von designern gestaltet, plus anschluss an die
off-szene geben den vierteln ein schickes image und werten sie auf. der immobilienmarkt
profitiert natürlich auch davon.
der politiker fragt:
politiker und investoren haben sich entschieden, durch neue öffentlichkeitskonzepte
den umbau der städte konsensfähig zu machen. wollen Sie uns dabei
helfen?
der architekt antwortet:
ich baue für jeden auftraggeber, egal welches gebäude er von mir haben
möchte, wenn ich nur so bauen kann, wie ich will. natürlich freue
ich mich, wenn die menschen sich in einem von mir gebauten gebäude wohl
fühlen, aber das ist nicht das motiv meiner arbeit, sondern die arbeit
selbst. diese kategorien dienen Ihnen bereits zur legitimation zb. meines neuen
gebäudes, denn ich nenne es kunstwerk/skulptur, dadurch wird es politisch
unangreifbar
quelle:
„sex&space“ - fanzine zur gleichnamigen ausstellung shedhalle
zürich 1996 und forum stadtpark graz 1997
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