Die Medialisierung der Architektur – Bilder zu einer MedienArchitekturGeschichte des 20. Jahrhunderts
Wie die Medienkunst ist auch die Medien-Architektur längst aus dem Stadium ihrer virtuellen Visionen herausgetreten.
In einer stetig wachsenden Fülle von Projekten werden mittlerweile die Möglichkeiten eines computergestützten Entwurfs- und Herstellungsprozesses von Architektur, die seit Anfang der 90er Jahre expeimentell erprobt und ausgelotet werden, begreif- und begehbare Wirklichkeit. So scheint es an der Zeit, nicht nur einen repräsentativen Überblick über eine Architekturentwicklung zu geben, in der der Computer als Entwurfswerkzeug und die Neuen Medien als Gestaltungsmittel eine zentrale Rolle spielen, sondern auch die Vor- und Frühgeschichte jenes Transformationsprozesses zu beleuchten, der im Verlauf des 20. Jahrhunderts den scheinbar festgefügten virtuvianischen Kanon der Architektur in Bewegung gebracht hat.
Angefangen hatte es mit dem Wahrnehmungsschock der Glasarchitektur des 19. Jahrhunderts; in den Architekturvisionen der Avantgarde und den innovativen Ausstellungsgestaltungen der 20er Jahre nahmen die neuen, durch die Technologisierung und Medialisierung der Lebenswelt rasant sich verändernden Wahrnehmungsweisen und Raumvorstellungen paradigmatische Gestalt an; es sind dann vor allem die mulimedialen Raumkonzepte des „vor – digitalen Zeitaltalters“, die in den 50er, 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts z. B. im Kontext der Weltausstellungen Höhepunkte des medialen (Raum-)Experimentes hervorbringen, wie sich besonders am Beispiel des Philips Pavillons in Brüssel aus dem Jahr 1958 und des Pepsi Cola Pavillons in Osaka von 1970 zeigen lässt. Mit den Darstellungsverfahren des Computer Aided Design verändern sich im Laufe der 80er Jahre vor allem die Präsentationsformen von Architektur, doch im Lichte der Entwicklung der digitalen Informationstechnologien ist der Computer mittlerweile nicht nur als synthetisierende Plattform und „Konsensmaschine“ aller an der Produktion von Architektur beteiligten Faktoren in den Mittelpunkt getreten, sondern auch als Entwurfswerkzeug: am spektakulärsten in den non-linearen Geometrien der sogenannten Blob-Architektur, deren freie (De-)Formationen eine ganz und gar neue Architektur versprechen.
An den vielfältigen Erscheinungsformen der Medienfassaden und der wachsenden Bedeutung intelligente Raumkonzepte lässt sich der Einfluss der Informationstechnologien auf die Architektur ablesen. Und die durch den Computer möglich gewordenen generativen Prozesse verleihen der Gestaltung, dem Entwurfs- und Herstellungsprozess ganz neue Qualitäten verleihen: Denn ob Stadtplanung oder Hausbau, Fassadenelement oder Konstruktionsdetail – wo einst Normung und Typisierung die industrielle Fertigung beherrschte, eröffnet die digitalisierte Architekturproduktion neue Spielräume der Individualisierung.
Die Analyse des facettenreichen Szenarium der heute durch die Digitalisierung und Medialisierung veränderten Architektur ist Gegenstand dieses Forschungspojektes und der in diesem Zusammenhang entstehenden Publikation; in der Herausarbeitung signifikanter Themen und Motive, nach denen sich die aktuellen Entwicklungen deuten und verstehen lassen, verändert sich dabei auch der Blick auf die Entwicklungen der Architektur des 20. Jahrhunderts.
Andrea Gleiniger
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