Mit dem Schwerpunkt Entwurf und Strategie im urbanen Raum setzt die Professur auf die Beobachtung zeitgenössischer urbaner Phänomene und die Entwicklung im Entwurf einsetzbarer Methoden und Werkzeuge. Ziel ist die Erarbeitung nachhaltiger Strategien für die Städtebaupraxis, welche die veränderten gesellschaftlichen Tendenzen kreativ in dynamische Planungs- und Steuerungsprozesse integrieren sollen. Zu diesem Zwecke werden aktuelle Themen wie der Wandel der Kulturlandschaft, die Aktivierung urbaner Brachen oder die Verdichtung städtischer Knotenfelder beleuchtet. Vertiefend zu diesen Untersuchungen sollen Studien zu Diversifikation, Spezialisierung und der Topologie von Netzen einen Einblick in die Struktur urbaner Systeme geben. Die aus einer Synergie von Lehre, Forschung und Entwurf gewonnen Erkenntnissen sollen helfen, komplexe Entwicklungen im urbanen Raum zukunftsweisend initiieren und steuern zu können.
Mit mehrsemestrigen, integrierten Projekten wird eine Brücke zwischen akademischer Forschung und Lehre einerseits und der Praxis des Städtebaus ausserhalb der Hochschule andererseits geschlagen. Die mit verschiedenen Akteuren vor Ort vorbereiteten Fallstudien für Entwurfskurse und Wahlfächer werden mit Studierenden in einer vertiefenden Phase und durch wissenschaftliche Projekte an der Professur untermauert, zu strategischen Forschungsvorschlägen oder Lösungsansätzen verdichtet, welche direkten Eingang in aktuelle Planungsprozesse finden. Die Zusammenarbeit wird von Seiten der ETH mit Studierenden und Assistierenden der Professur in einer praxisnahen, der Problemstellung angepassten Konstellation mit externen Partnern aus Wirtschaft und Politik durchgeführt.
Aktuell werden folgende Forschungschwerpunkte bearbeitet:
Kulturlandschaft
Die «Stadtlandschaft», eine populäre contradictio in terminis für den sich auflösenden Unterschied zwischen Stadt und Land, nennen wir «Kulturlandschaft». Sie besteht aus einer komplexen Ansammlung von Systemen, die sich teilweise ergänzen, überlappen oder unabhängig voneinander sind: Ein dynamisches Feld mit wechselndem Maß an Konzentration und Differenzierung, welches sich stets unter dem Einfluss vieler Faktoren ändert. Wir untersuchen die Wirkung unterschiedlicher Einflüsse auf Siedlungsprozesse im suburbanisierten Raum, Konzentration und Polyzentralität, Mobilität und Landschaftsentwicklung. KulturlandschaftAktivierung
Die (Re-)Aktivierung ehemaliger Hafen-, Industrie- und Bahnareale durch temporäre Nutzungen («Urban Catalysts») und damit eine Mischung von offiziellen und informellen Aktivitäten hat sich zu einer anerkannten Methode zur Schaffung oder Konservierung von nachhaltigen sozialen Milieus entwickelt. Diese Gebiete sind manchmal die einzigen in der Stadt, wo der Begriff «Urbanität» gesichert und stabilisiert werden kann. Wir untersuchen die Bedingungen und entwickeln beispielhaft Szenarien für Wasserfronten und Industriebrachen. (Studios: Rotterdam Waalhaven WS03/04, Zürich Letzi.1 SS04, Zürich Letzi.2 WS04/05; Vorlesung: Die Programmlose Stadt)
Hubs
Wir nennen verdichtete Entwicklungsareale bei zentralen Umsteigepunkten grossräumiger Verkehrssysteme «Hubs». Diese alten Beispiele monofunktionaler, großmaßstäblicher Ensembles sind heute die Vorläufer eines neuen Trends zu radikaler Mischung von Nutzungen, die bislang meist nur die Aktivität Wohnen noch ausschliessen. In einer Zeit in der Nutzungsmischung erwünscht, aber durch die soziale Segregation der Gesellschaft schwer erreichbar ist, ist die Untersuchung dieses Phänomens hochaktuell. Studio London Bishopsgate SS05, Diplomwahlfach Brandhubs.1 WS04/05, Diplomwahlfach Brandhubs.2 SS05, Brandhub Dissertation + TH-ProjektValleys
Analog zu Silicon Valley beschreibt der Begriff «Valley» die Konzentration oder das «Clustering» spezifischer Programme und Aktivitäten und ihre Abbildung in der Kulturlandschaft. Beispiele sind der Life Sciences Standort Basel oder die Konzentration von Mode-bezogenen Aktivitäten im Veneto. Wir untersuchen die Randbedingungen und Faktoren die zu solchen Clusterings führen. Veneto ValleysTopologie
Die Verbindungen, Beziehungen und Interaktionen zwischen unterschiedlichen urbanen Elementen – Inseln, Ensembles, Korridoren, Enklaven – sowohl in der sichtbaren Stadt (Morphologie) als auch in der unsichtbaren Stadt (Physiologie) bilden komplexe Netzwerke. Der Begriff Urbanität wird durch die Möglichkeit charakterisiert, neue Netzwerke aus der Kombination von alten entstehen zu lassen. Wir beschreiben und interpretieren diese Prozesse und versuchen gestaltende Instrumente zu entwickeln.
Kontrolle & Laisser-faire
«Städtebau als Organisator des Allgemeinen sollte durch ein bestimmtes Mass der Zurückhaltung in Betracht auf Architektur geprägt sein, die in 1000 Blüten blühen darf. In anderen Worten: Bei Städtebau handelt es sich um das Schaffen von Freiheiten.» (Christiaanse 1989) Mit diesem Slogan im Hinterkopf entwickeln wir flexible Regelwerke und Zonierungskonzepte für unterschiedliche urbane und nicht-urbane Gegebenheiten. Hierzu gehört neben der Softwareentwicklung auch deren Test in Fallstudien, z.B. Hochhausgebieten oder suburbanen Parzellierungen.