Seenlandschaft am Oberrhein
Vision für den Trinationalen Metropolitanraum Basel-Mulhouse-Freiburg

Professors: Jacques Herzog, Pierre de Meuron, Professor Christophe Girot, Dr. Christian Schmid
Assistance: Emanuel Christ, Raymond Vogel,
Student: Christian Mueller Inderbitzin

Der Entwurf für eine Seenlandschaft in der südlichen Oberrheintiefebene will das landschafts-gestalterische Potential des Kiesabbaus für eine Wandlung der heute dispers gegliederten Kulturlandschaft in eine Parklandschaft aus See und Wald nutzen. Eine verbindende Formidee soll den Landschaftsraum prägen: eine Seenlandschaft als Masterplan für den trinationalen Metropolitanraum Basel-Mulhouse-Freiburg. Die Seen werden zur Kulisse für die unterschiedlichsten Aktivitäten der Menschen, die in diesem Städtedreieck wohnen.

Naturlandschaft
Der als Oberrheintiefland bezeichnete geografische Raum ist wegen seiner scharfen topografischen Fassungen und seiner monumentalen Dimensionen einer der markantesten Talräume Zentraleuropas. Die Entstehung der Ebene geht auf grossräumige geologische Bewegungen in der Erdkruste zurück. Der durch einen Grabenbruch entstandene Einschnitt in einem ursprünglich zusammenhängenden Schild schliesst im Süden bei der Stadt Basel mit dem Jura und dem Sundgauer Hügelland ab. Seitlich definieren die Gebirge der Vogesen und des Schwarzwaldes das Tal. Im Norden, bei den Städten Mainz und Frankfurt, endet der Talraum mit dem Hunsrück, dem Taunus und dem Spessart, alles Teile des Deutschen Mittelgebirges. Der Strom des Rheins ist in der Talebene das bestimmende Landschaftselement und bildet eine durchgehende lineare Orientierungsgrösse. Über seinen Einfluss als oberflächenformende Kraft in der Erdgeschichte und seine Bedeutung als Verkehrsinfrastruktur, Energiequelle und Erholungsraum hinaus besitzt er einen hohen symbolischen Wert für die trinationale Region in der südlichen Oberrheintiefebene.

Kulturlandschaft
In den hochgradig urbanisierten Räumen der Oberrheintiefebene besitzt das traditionelle Kulturland nach wie vor eine relative Bedeutung. Neben den fruchtbaren Hügelgebieten wie etwa dem Sundgau werden auch die Schotterböden der Ebene von einer nun industrialisierten Landwirtschaft teilweise intensiv genutzt. Wohl das grösste wirtschaftliche Potential der Kulturlandschaft stellt die Kies- und Sandgewinnung sowie die Trinkwasserversorgung aus dem Grundwasser dar. Die Kiesvorkommen des Oberrheinraumes, insbesondere die beidseits des Rheins akkumulierten Schotter, sind für Zentraleuropa von grosser Bedeutung. Heute werden beachtliche Mengen an Kiesen und Sanden auch ausserhalb des Oberrheinraumes verkauft. Der überwiegende Teil wird dabei in sogenannten Nassbaggerungen gewonnen. Dabei wird unter den Grundwasserspiegel gegraben - es entstehen Seen.

Freizeitlandschaft
Die traditionelle Kulturlandschaft zwischen den Städten hat sich in der Oberrheintiefebene seit der Industrialisierung stark gewandelt. In neuerer Zeit haben die Agglomerationsbildung und die gestiegene Mobilität dazu geführt, dass aus der Kulturlandschaft zunehmend eine Freizeitlandschaft geworden ist: Die Landschaft hat den Stadtpark des 19. Jahrhunderts als Erholungsraum abgelöst.In wenigen Jahrzehnten sind in der Landschaft zahlreiche Freizeitangebote entstanden. Die meisten Angebote funktionieren selbstbezogen und werden «punktuell» mit dem Auto erschlossen, weshalb eine übergreifende Identität und sinnvolle Eingliederung im Landschaftsraum fehlt. Die Freizeitlandschaft besitzt keine Form. Der Forêt domaniale de la Hardt besetzt das Zentrum dieses Freizeitraumes. Er ist mit Strassen, Parkplätzen und Raststätten gut erschlossen. Alte Forsthäuser werden als Gaststätten betrieben und ziehen Wanderer, Pilzsammler, Reiter, Radfahrer und Jogger an. Handelt es sich beim Forêt domaniale um einen Stadtpark? Wohl kaum. Denn trotz einzelnen interessanten und schönen Orten ist dieser Wald in seiner immensen Ausdehung langweilig. Die immergleiche, buschartige Vegetation hat monotonen Charakter. Er ist in seiner Flächigkeit und Grösse sicher aus dem Flugzeug beeindruckend, nicht aber für den Menschen am Boden. Dieser bewegt sich immer nur in den Schneisen des Waldes. Der Wald aber ist weder betretbar noch erlebbar. Es überrascht nicht, dass gerade diejenigen Orte stark besucht werden, wo Wasser vorhanden ist. Beispielsweise flanieren auf parkartig angelegten Wegen Familien entlang des Canal Rhône au Rhin und Rollerskater wie Velofahrer nutzen die gut ausgebauten Wege zum Sport.In Zukunft werden die Freizeitnutzungen in den umgestalteten Baggerseen um den Forêt domaniale an Bedeutuung gewinnen - als Seen mit Badestränden und Seen zum Segeln, Rudern oder Fischen. Zahlreiche Naturschutzgebiete werden entstehen, die als Erholungsräume immer wichtiger werden. Seen besitzen beim Ausbau der Freizeitlandschaft das grösste Potential. Ähnlich dem Rhein schaffen sie eine landschaftliche Einbindung unterschiedlichster Nutzungen.

Seenlandschaft
Die Vision für den trinationalen Landschaftsraum Basel-Mulhouse-Freiburg sieht darum vor, das landschaftsgestalterische Potential des Kiesabbaus für eine Wandlung der heute dispers gegliederten Kulturlandschaft um den Forêt domaniale de la Hardt in eine Parklandschaft aus See und Wald zu nutzen.Heute werden offengelassene Kiesgruben noch als hässliche Löcher, als störende Nebenprodukte der Kiesgewinnung wahrgenommen. Auch wenn sie auf einen zweiten Blick eine gewisse Schönheit offenbaren, gelten sie als «Wunden im Landschaftsbild». Demgegenüber steht eine kontinuierlich zunehmende Bedarfsentwicklung. In Zukunft werden also weitere, sichtbare Transformationen stattfinden: Kiesabbau ist ein wirtschaftlicher Prozess, der die Landschaft am Oberrhein tiefgreifend umgestaltet. Diese Dynamik besitzt ein unglaublich starkes, landschaftsgestalterisches Potential. Mit einer nur leicht veränderten Bewilligungspraxis und einer Formidee können anstatt unförmiger Löcher mit der Zeit schöne Seen entstehen. Die Seen werden zur Bühne für die unterschiedlichsten Aktivitäten der Menschen der südlichen Oberrheintiefebene. Es entstehen interessante Orte für den Naturschutz und die Freizeitbedürfnisse der Stadtbewohner aus Basel, Mulhouse und Freiburg. Die Leute erhalten gemeinsame Orte, wo sie sich sich beim Baden, Segeln oder Fischen treffen.Bildmontage: Sicht über die zuküftige Seenlandschaft nördlich von Mulhouse. Wasserflächen verzahnen sich mit der Waldfläche des Forêt domaniale de la Hardt.

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