Der Raum der Nacht
Diplomwahlfach Raumkonzepte in Film und Architektur
Dozentin Dr. Doris Agotai
Herbstsemester 2010
Die Nacht erschafft neue Räume. Sie verwandelt Architektur in Unschärfe, Andeutung und vage Ahnung. Das Spiel der Körper unter dem Licht, das Le Corbusier als Essenz der Architektur verstand, versinkt in der Tiefe farbloser Schattenhaftigkeit. Auch wenn die Dunkelheit der Architektur oftmals nur unter dem Aspekt der Lichtgestaltung verhandelt wird, entsteht in der Dämmerung eine Welt mit neuen Qualitäten.
Im Film entfaltet die Nacht ihren eigenen Zauber, sie weckt Ängste, eröffnet Traumwelten. Sie ist ein Schwellenraum, der in neue Bewusstseinszustände überführt und zur Projektionsfläche vielfältiger Bedeutungsebenen wird. Die Dunkelheit verweist auf die Ambivalenz eines Schattendaseins, das zwischen verruchtem Vergnügen und bedrohlicher Halbwelt oszilliert. Das Mysterium nächtlicher Räume ist Schlaf und Tod verwandt, beflügelt Imagination und Phantasie und legt innere Verfassungen und Gefühlszustände frei.
Das HS 2010 beleuchtet verschiedene Facetten des filmischen Nachtraums. Über den Film – so die These des Semesters – können genuine Qualitäten der Nacht für die Wahrnehmung von Architektur entdeckt und präzisiert werden. Die Vorlesungsreihe stellt Positionen und Ausdrucksformen einer Gegenwelt vor und sucht nach architektonischen Bezugspunkten.
Programmgestaltung: Doris Agotai und Marcel Bächtiger
Semesterprogramm
Do 23.9.10, 12.45–14.30
Nächtliche Streifzüge durch Film und Architektur
Do 7.10.10, 12.45–14.30
Film Noir: Die Entdeckung der Nacht
Einführung: Corinne Weber
Do 14.10.10, 12.45–14.30
Innere Finsternis: Michelangelo Antonionis „La notte“ und „L’eclisse“
Do 4.11.10, 12.45–14.30
Baupläne der Nacht. Die Konstruktion der Finsternis in Lars von Triers 'Element of Crime'
Gastvortrag Fred van der Kooij
Do 18.11.10, 12.45–14.30
Unheimliche Räume: Dunkelheit als atmosphärisches Gestaltungsmittel
Do 2.12. 10, 12.45–14.30
David Lynchs „Mulholland Drive“
Einführung: Jakub Gardolinski
Organisatorisches
Die Vorlesung findet im HIL E 5 statt. Für die aktive Beteiligung im Semester und die Präsenz an mindestens fünf Veranstaltungen wird 1 Kreditpunkt erteilt.
Literaturliste „Der Raum der Nacht“
- Bollnow, Otto Friedrich (2004/1963), Mensch und Raum, Stuttgart, S. 217-229.
- Bronfen, Elisabeth (2008), Tiefer als der Tag gedacht, Eine Kulturgeschichte der Nacht, München, S.416-485.
- Frahm, Laura (2010), Jenseits des Raumes, Zur filmischen Topologie des Urbanen, Bielefeld, S. 257-306.
- Merleau-Ponty, Maurice (1966/1945), Phänomenologie der Wahrnehmung, Berlin, S. 329-334.
- Neumann, Dietrich (2002), „Architekturbeleuchtung vor dem 20.Jahrhundert“, in: Ders. (Hg.), Architektur der Nacht, München, S. 6-15.
- Neumann, Dietrich (2002), „Kunstlicht und Avantgarde“, in: Ders. (Hg.), Architektur der Nacht, München, S. 36-53.
- Neumann, Dietrich (2002), „Die ‚Architektur der Nacht’ in den Vereinigten Staaten“, in:Ders. (Hg.), Architektur der Nacht, München, S. 54-67.
- Neumann, Dietrich (2002), „Architekturillumination seit dem Zweiten Weltkrieg“, in: Ders. (Hg.) Architektur der Nacht, München, S. 78-85.
- Oechslin, Werner (2002), „Lichtarchitektur: Die Genese eines neuen Begriffs“, in: Neumann Dietrich, Architektur der Nacht, München, S. 28-35.
- Swiler Champa, Kermit (2002), „Eine kleine Nachtmusik: Das Zusammenspiel von Licht und Farbe“, in:Neumann Dietrich, Architektur der Nacht, München, S. 16-27.
- Tanizake, Jun’Ichiro (1987/1933), Lob des Schattens: Entwurf einer japanischen Ästhetik, Zürich, S. 5-85.
- Vidler, Anthony (2002/1992), Unheimlich. Über das Unbehagen in der modernen Architektur, Hamburg, S. 21-34 und S. 212-222.
- Woods, Mary (2002), „Photographie der Nacht: Wolkenkratzer– ‚Nocturne’ und ‚Noir’ in New York City“, in: Neumann Dietrich, Architektur der Nacht, München, S. 68-77.
- Zumthor, Peter; Beer. Ivan; Mathieu, Jon; Marcacci, Marco; Hugenbühler, Ruth; Morici, Luca; Wunderle, Stefan; Maus, Katja (2006); Wie viel Licht braucht der Mensch um leben zu können, und wie viel Dunkelheit?, Zürich, S. 26, S. 46 und S.144-158.
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18.08.2010 baechtiger@arch
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